Das deutsche Unternehmen und sein US-Partner Pfizer haben den Impfstoffkandidaten gegen Covid-19 zur Zulassung in den USA eingereicht. Jetzt müssen die Aufseher entscheiden. Gelingt die Zulassung, ist der Weg für eine ganz neue Klasse von Vakzinen geebnet.
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as weltweite Wettrennen um einen Impfstoff gegen Covid-19 kennt einen ersten klaren Gewinner: Das Mainzer Biotechunternehmen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer haben heute einen Antrag auf Notfallzulassung für ihren Impfstoffkandidaten bei der US-Arzneimittelaufsicht FDA eingereicht.
Die beiden Unternehmen sind die ersten westlichen Konzerne, denen das gelungen ist – keine zehn Monate nach dem Start der weltweiten Suche nach einem Impfstoff. Zwar gibt es bereits einen russischen und einen chinesischen Impfstoff, die in ihren jeweiligen Ländern verimpft werden. Beide erfüllen aber bisher nicht die strengen Anforderungen, die normalerweise von Aufsehern weltweit an die Forschung und klinische Entwicklung von Impfstoffen gestellt werden und sind daher nicht vergleichbar.
Weltweit gibt es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation mittlerweile 212 Impfstoffprojekte, die nach einer wirksamen Waffe gegen das neuartige Coronavirus und die dadurch ausgelöste Krankheit Covid-19 suchen.
„Die Beantragung einer Notfallzulassung in den USA ist ein entscheidender Schritt, um unseren Impfstoffkandidaten so schnell wie möglich der Weltbevölkerung zur Verfügung zu stellen“, sagt der Chef und Mitgründer von Biontech, Ugur Sahin. „Wir wollen weiterhin mit den Zulassungsbehörden weltweit zusammenzuarbeiten, um die schnelle globale Verteilung unseres Impfstoffs zu ermöglichen.“
Biontech und Pfizer setzen auf bemerkenswerte Technologie
Sollte die FDA den Antrag zügig absegnen, könnte die Impfstoffversorgung für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen in den USA den Angaben zufolge bereits Mitte bis Ende Dezember 2020 möglich werden. Die USA wären damit das erste Land, in dem ein Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus verfügbar wäre.
Allerdings betonte Sahin auch, dass für das Unternehmen die Interaktionen mit der europäischen Arzneiaufsicht EMA von „besonderer Bedeutung“ seien: „Der EMA stellen wir im Rahmen unseres fortlaufenden Überprüfungsprozesses kontinuierlich Daten zur Verfügung.“
Biontech und Pfizer hatten bei der EMA bereits vor einigen Wochen den sogenannten rollierenden Einreichungsprozess begonnen, bei dem Daten sofort nach Verfügbarkeit von den Aufsehern begutachtet werden können. Das ist ein wichtiges Instrument, um den Zulassungsprozess, der normalerweise viele Wochen, wenn nicht gar Monate in Anspruch nimmt, deutlich zu beschleunigen. Weitere Anträge bei anderen Zulassungsbehörden sind den Unternehmen zufolge in den nächsten Tagen geplant.
Bemerkenswert an dem Erfolg von Biontech und Pfizer ist vor allem, dass die beiden Unternehmen bei der Entwicklung ihres Vakzins BNT162b2 auf eine neuartige Technologie gesetzt haben. Anders als bei herkömmlichen Vakzinen muss der Gegner, um den es geht, dabei nicht erst mühsam herangezüchtet und dann in inaktivierter Form verimpft werden. Stattdessen wird bei mRNA-Impfstoffen der menschliche Körper selbst in die Lage versetzt, Proteine nach dem Bauplan des Virus herzustellen, die eine gezielte Immunantwort auslösen.
Logistik wird zur zentralen Herausforderung
Sollten die Aufseher der FDA das Vakzin zur Vermarktung zulassen, dürfte BNT162b zum Wegbereiter für eine ganz neue Klasse von Impfstoffen werden, die deutlich günstiger und schneller produziert werden können als herkömmliche Vakzine. Entsprechende Produkte sind bei den drei führenden Unternehmen auf diesem Gebiet – neben Biontech sind das das US-Biotechunternehmen Moderna und der Tübinger Hersteller CureVac – längst in Arbeit.
Auch Deutschland, das seinen früheren Status als Apotheke der Welt schon vor langer Zeit eingebüßt hat, gewinnt durch diesen überraschenden Erfolg als Standort für exzellente Forschung neuen Glanz.
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